Agiler Moderieren: Teamkonto zur Reflexion im Team

Erstellt ein Teamkonto als Bilanz für die Zusammenarbeit

Die eine Kollegin kommt immer zu spät, steckt dafür aber alle mit ihrer guten Laune an. Der Teamleiter ist überkritisch und verteilt gern negatives Feedback – aber er springt sofort in die Bresche, wenn nötig. Ein anderer ist dauernd krank, drückt sich davor, Verantwortung zu übernehmen und macht ständig Fehler, immerhin aber hat er ab und zu wirklich gute Ideen… Die Mitglieder eines Teams sind meist sehr unterschiedlich, doch jeder trägt auf seine Art dazu bei, dass ein Team funktioniert oder nicht. Deshalb lohnt sich ein genauerer Blick auf die so entstehende Teamdynamik. Teamkonto ist ein komplexes, strukturiertes Verfahren, in dem die Teammitglieder ihre Zusammenarbeit reflektieren. Sie gleichen gegenseitig das Selbst- und Fremdbild jedes Einzelnen im Team ab und feedbacken die individuellen Beiträge der Einzelnen zum Team. Außerdem erklärt und veranschaulicht das Modell auf einprägsame Weise das systemische Ausgleichsprinzip in Teams. Dadurch verstehen die Teilnehmer die Dynamik in ihrem Team und erkennen ihren eigenen Beitrag bzw. ihren Stand bei den Kollegen. Genau diese strukturierte Retrospektive ist wichtig, um agiler zu moderieren und dabei die Selbstreflexion zu steigern.

Dauer:
90–120 Minuten

Teilnehmerzahl:
Die Übung ist für 4–30 Teammitglieder geeignet.

Agiler Moderieren / Anwendungsbereich:
Teamkonto ist ein hervorragendes Instrument, um bei einem fortgeschrittenen Teamentwicklungsprozess Erkenntnisse über die Systemdynamik und den Beitrag jedes Einzelnen zum Team zu gewinnen. Gleichzeitig beinhaltet der Prozess ein intensives Feedback mit Selbst- und Fremdbildabgleich.

Bei einer Teamgröße über fünf Mitgliedern findet der Prozess in Kleingruppen von  je drei bis vier Teilnehmern statt.

Zielsetzung/Nutzen:
Der Ablauf und die Inhalte des Modells Teamkonto bieten:

  • Durch die Metapher des Teamkontos erkennen die Teammitglieder die Gruppen-Dynamik des Ausgleichs.
  • Das Team erarbeitet gemeinsam eine Definition und konkrete Beispiele zu positiven und negativen Beiträgen.
  • Jeder Teilnehmer reflektieret anhand von Checklisten seinen eigenen Beitrag und dessen Auswirkungen.
  • Durch den Selbst- und Fremdbildabgleich erhalten alle intensives Feedback zur Wahrnehmung der anderen Teammitglieder.
  • Jeder erhält konkretes Feedback zu Möglichkeiten der Verbesserung seines Beitrags zum Team.
  • Wünsche und Bedürfnisse der Teammitglieder werden sichtbar gemacht.
  • Das Team lernt welche Verhaltensweisen und Fähigkeiten zählen, die sonst oft nicht thematisiert werden.
  • Als agile Moderationsmethode für Retrospektiven geeignet.

Agiler Moderieren / Ablauf der Retrospektive über das Teamkonto:

  • Der Moderator erläutert die Metapher des Teamkontos anhand eines Girokontoprozesses (Der Kunde muss erst einmal Einzahlungen erbringen und nachweisen, bevor er einen Dispo eingeräumt bekommt – Überziehungen kostet viel Zinsen etc.).
  • Die Metapher wird auf ein imaginäres Teamkonto übertragen.
  • Das Team sammelt am Flip per Zurufabfrage und Ergänzungen durch den Moderator Verhaltensweisen und Fähigkeiten, die als Einzahlungen und Abhebungen wahrgenommen werden.
  • Anschließend teilt der Trainer das Team in 4er-Gruppen.
  • Jeder erhält eine Checkliste zur Selbsteinschätzung und drei gleiche Checklisten zur Fremdeinschätzung.
  • Erst beschäftigt sich jeder Teilnehmer alleine mit seiner Selbsteinschätzung und kreuzt auf dem Bogen jeweils mindestens drei Einzahlungen und mindestens zwei Abhebung an. Es können gerne fehlende Verhaltensweisen/Fähigkeiten ergänzt werden.
  • Dazu bekommt jeder TN fünf Minuten Zeit.
  • Anschließend werden in gleicher Weise die drei Fremdwahrnehmungsbögen der drei Kollegen von jedem für sich alleine bearbeitet. Zu den Abhebungen wird jeweils ein Wunsch formuliert (was wünscht sich derjenige statt dessen von dem Kollegen?).
  • Dazu bekommt jeder TN 20 Minuten Zeit.
  • Dann werden die Selbst- und Fremdbilder nacheinander ausgetauscht. Es wird jeweils mit dem Selbstbild gestartet. Die Einschätzungen werden nicht diskutiert. Es dürfen gerne Verständnisfragen gestellt werden.

Jeder TN sammelt seine Checklisten ein (Selbstbild und drei Fremdbilder) und notiert in Einzelarbeit ein Fazit:

  • Was werde ich ab sofort noch bewusster als Einzahlung auf das Konto leisten?
  • Welche Abhebung werde ich wie in einen Wunsch umwandeln?

Das Fazit wird im Plenum ausgetauscht. Diese agile Moderationsmethode ist anschaulich und wirkungsvoll. Das Feedback wird konstruktiv und ausgeglichen gestaltet.

Der Artikel wurde veröffentlicht bei Training aktuell.

Claudia Thonet, Agile Consulting, Portrait

Claudia Thonet

Gründerin/Geschäftsführerin
Expertin für agile Transformation/agile Führung und Teams


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