Agiler Kulturwandel: 5 Bausteine für ein agiles Fitnessprogramm (Teil 3 – Mindset)

Das Kulturwandel-Haus bietet einen übersichtlichen Zugang zur Planung eines agilen Kulturwandels. Das Modell sortiert den komplexen Prozess in fünf Trainingsfelder, auf denen Weiterentwicklung stattfinden sollte: das Fundament, drei Säulen und das Dach. So hilft es, einen ganzheitliches Trainingsplan zu entwickeln, bei dem vielfältige Maßnahmen sinnvoll ineinandergreifen.

Kulturwandelhaus, Mindset, Claudia Thonet & Svenja Hofert

Der zweite Baustein für unser agiles Fitnessprogramm (» Hier geht’s zum ersten Baustein), das zu einer agilen Unternehmenskultur führen soll, ist das Mindset. Es stellt die erste Säule des Kulturwandelhauses dar und ist wie alle Bausteine eng mit den anderen vier Entwicklungsbereichen verzahnt. Wie Disziplin und Motivation ein wichtiger Schlüssel für den Fitnesserfolg sind, ist auch die innere Einstellung ein maßgeblicher Faktor für die erfolgreiche Einführung von Agilität.

Baustein 2: Das Mindset als erste Säule der agilen Kultur

Hier geht es um alles, was nicht direkt sichtbar ist, aber dennoch die Arbeit und die Atmosphäre in einer Organisation beeinflusst. Das ist im weitesten Sinne die Haltung der Menschen, im engeren Sinne sind es die Werte und Prinzipien. Zusammengenommen spricht man hier von Mindset. 

Das Mindset ist die Einstellung des Denkens, die vom Handeln nicht getrennt werden kann. Der Begriff lässt sich deshalb auch als Denk- und Handlungslogik übersetzen. Sowohl Organisationen als auch Menschen haben eine solche Logik, es gibt also ein individuelles und ein organisationales Mindset – wobei sich Menschen fast immer dem organisationalen Mindset anpassen.

Bei Personen ist Mindset geprägt von der Reife des Individuums und der damit verbundenen Art und Weise, Dinge auf- und wahrzunehmen. Je reifer ein Mensch ist, desto mehr Facetten erkennt er. Er versteht sich selbst besser, kann Feedback souveräner annehmen und wird irgendwann „selbstaktualisierend“, kann sich also Updates aufspielen und seine Grundannahmen transformieren, ohne sich selbst zu verlieren. Reife Personen können so besser mit Widersprüchen umgehen und Unterschiedlichkeit leichter annehmen. Sie besitzen ein stabiles Selbst mit einem inneren Kern, den sie selbst gut kennen.

Ähnlich ist das bei Organisationen. Hier ist das Mindset eng mit den kollektiven Grundannahmen und der Unternehmenskultur insgesamt verzahnt, die zu diesen oder jenen Handlungen führt. Auch hier gibt es reife und weniger reife Unternehmen. Weniger reife Unternehmen entscheiden bisweilen impulsiv und unbewusst. Reife Unternehmen sind Organisationen, die viel über sich selbst reflektiert haben, deren Grundannahmen also immer wieder ins kollektive Bewusstsein steigen und deshalb immer wieder auf ihre Angemessenheit überprüft werden können.

Auf diesem Trainingsfeld steht sowohl das individuelle als auch das organisationale Mindset im Fokus. Es geht darum, die Denk- und Handlungslogik zu erforschen, nach denen das Unternehmen als Ganzes, aber auch der einzelne Mitarbeiter und die individuelle Führungskraft handeln. Diese Logik(en) zu ergründen, ist eine wichtige Ausgangsbasis für die Veränderung. Es gilt zu klären:

  • Welchen individuellen Grundannahmen folgen wir?
  • Welche Werte liegen uns bzw. mir am Herzen?
  • Welche Prinzipien sind mir wichtig? 
  • Und müssten diese angesichts der gewünschten Veränderung – auf individueller und organisationaler Ebene – revidiert werden? 

👉 Maßnahmen, um in puncto MINDSET fit zu werden

Die zentrale Methode für das Trainingsfeld MINDSET ist die Reflexion. Dazu gehören Gespräche und Retrospektiven, aber auch die Ansätze wie die nonverbale Reflexion durch Meditation oder körperliche Übungen. All diese Vorgehensweisen zielen darauf ab, eine hohe Reflexivität von Person und Organisation zu erreichen. Denn je höher die Reflexivität einer Organisation, desto produktiver kann sie mit Veränderungen umgehen – desto agiler also kann sie agieren.

Welche Art und Weise der Reflexion passt, hängt von der speziellen Zielrichtung ab, mit der sie in Gang gesetzt wird. Geht es um Anpassung an das Unternehmen oder um Öffnung über den engen Organisationskontext hinaus? Wird über Bewertung oder Beobachtung reflektiert? In welche Richtung geht das Nachdenken? 

Retrospektiven sind hier fast immer ein geeignetes Mittel. Auch Werte-Workshops finden in diesem Baustein statt. Auch die Theorie U des Claus Otto Scharmers oder der Dialog nach David Bohm sind bei einer bereits reflektierten Zielgruppe gut geeignete Ansätze. Für weniger in Reflexion geübte Branchen und Teams braucht es allerdings oft noch einen Schritt davor – die Besinnung auf sich selbst. Dafür Schutzräume anzubieten, ist sinnvoll, etwa mit einem moderierten Selbst- und Fremdbildabgleich, der der Leitfrage folgt: Wie nehme ich mich oder uns wahr und was nehmen andere wahr?

Bei der Ausgestaltung des Fitnessprogramms im Feld Mindset ist es wichtig, zu den Werten immer Prinzipien zu formulieren. Prinzipien sind konkrete Richtlinien, an denen sich die Werte zeigen und zu denen sich wiederum konkrete Verhaltensweisen definieren lassen. Geschieht das nicht, bleiben die Werte leblose Buzzwords, unter denen jeder was anderes versteht und die mit dem täglichen Miteinander nicht verbunden sind. Ein agiles Mindset z.B. zeichnet sich durch die Werte Offenheit und Mut aus. Ein Prinzip dazu heißt, dass Veränderungen jederzeit begrüßt und möglichst sinnvoll zum Wohle des Projekts genutzt werden. Störungen werden im agilen Mindset so zur Entwicklungschance. 

Ausblick:

Im nächsten Teil der Serie steht als dritter Baustein des agilen Fitnessprogramms das Verhalten der Beteiligten im Unternehmen im Fokus. 

Claudia Thonet, Agile Consulting, Portrait

Claudia Thonet

Gründerin/Geschäftsführerin
Expertin für agile Transformation/agile Führung und Teams


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