Serie Agiler Kulturwandel: 5 Bausteine für ein agiles Fitnessprogramm (Teil 2 – Grundannahmen)
Agilität erfordert eine gute Gesamtkonstitution. Und die lässt sich nicht durch den halbherzigen Einsatz einzelner agiler Methoden aufbauen – wie auch eine Verbesserung der eigenen Fitness nicht durch ein paar gelegentliche Kniebeuge erreicht wird. Wer wirklich Agilität in einem Unternehmen, einem Bereich oder einem Team fördern will, braucht deshalb ein ganzheitliches und planvolles Vorgehen – ein agiles Fitnessprogramm inklusive Veränderung der Gewohnheiten und Strukturen.
Dieses umfassende Programm lässt sich mit Hilfe des „Kulturwandelhauses“ gestalten, das ich in der ersten Folge der Serie (» Teil 1) vorgestellt habe. Die fünf Bausteine des von Svenja Hofert und mir entwickelten Modells (siehe Grafik) lassen sich als fünf Trainingsfelder verstehen, auf denen nach und nach Weiterentwicklung stattfindet. Sie alle sind miteinander verzahnt und wirken aufeinander, weshalb die einzelnen Maßnahmen immer wieder neu austariert werden. Wie das Fitnessprogramm auf den fünf Feldern konkret aussehen kann, werde ich in dieser und den vier weiteren Folgen der Serie beschreiben.
Baustein 1: Die gemeinsamen GRUNDANNAHMEN als Fundament der agilen Kultur
Jedes Haus braucht ein stabiles Fundament und jedes Fitnessprogramm eine solide Analyse des aktuellen Zustands. Der erste Baustein für unser agiles Fitnessprogramm, das zu einer agilen Unternehmenskultur führen soll, ist deshalb eine Analyse der kollektiven Grundannahmen.
Diese Grundannahmen sind der feste Boden, auf dem sich alle in der Organisation begegnen und gemeinsam immer wieder neu verhandeln: Wer sind wir und was wollen wir? Sie liegen fast jeder Handlung und jeder Entscheidung zugrunde und werden in jeder Interaktion sichtbar. Dabei sind sie für Außenstehende oft leicht zu erkennen, für Organisationsmitglieder jedoch so selbstverständlich, dass sie oft unsichtbar sind. Daher ist es nötig, bewusst hinzuschauen, Gewohntes zu hinterfragen und sich darüber auszutauschen über Fragen wie:
- Wovon gehen alle in der Organisation stillschweigend aus?
- Was wird gar nicht erst in Frage gestellt?
- Könnte es auch anders sein?
- Welche Fragen könnten wir uns sonst noch stellen?
👉 Maßnahmen, um in puncto GRUNDANNAHMEN fit zu werden
Zum Fundament gehört Diskurs. Es müssen verschiedene Positionen und Sichtweisen auf den Tisch, es muss über Dinge gesprochen werden, die sonst nicht thematisiert werden. Nur wenn man alles hervorgeholt hat, kann man ein gemeinsames Verständnis von etwas entwickeln, das man verstärken oder verändern möchte.
Dies kann auf ganz verschiedenen Ebenen stattfinden. Oft starten wir mit einem Management-Kickoff, in dem grundsätzliche Entscheidungen getroffen und die Rahmen gesteckt werden. In der Folge könnte das erarbeitete Fundament dann weiter ausgerollt werden, etwa auf eine Standortbestimmung mit allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und der Aufstellung eines interdisziplinären Kernteams, das die Veränderung treiben soll. Das Management kann diesem Team dann das Zepter übergeben – mit klarer Absprache, wann es wieder eingebunden wird.
Die Basis für Agilität klären
Wenn es um Agilität geht, gehen beispielsweise viele Unternehmen ganz selbstverständlich davon aus, dass mehr davon immer besser ist. Da das so nicht stimmt, ist es sinnvoll zu klären, woher diese Überzeugung kommt:
- Warum glauben wir das?
- Lässt es sich belegen?
- Inwiefern wird Agilität unsere Muster verändern?
- Wo passt welche Arbeitsform hin? Welche Fragen könnten wir uns sonst noch stellen?
Ganz wichtig ist dabei die Frage: Was verstehen wir überhaupt unter dem Begriff Agilität? Welche Bilder und Vorstellungen haben wir dazu? Oftmals ist der Begriff Agilität verbrannt, weil er mit sinnlosem Chaos oder mit täglich neuen Entscheidungen verbunden wird. Ein agiler Kulturwandel wird dann nur schwerlich gelingen. Das vorab zu klären und den abstrakten Begriffen Leben einzuhauchen, ist deshalb eine wichtige Basis für den Weg in die Transformation.
Ausblick:
In der nächsten Folge wird es um die Entwicklung des agilen Mindsets gehen, das den zweiten Baustein des Kulturwandelhauses darstellt.