Die 8 Top-Kompetenzen agiler Trainer

Was bedeutet es, agiler zu trainieren oder gar ein agiler Trainer zu sein?

Was ist der Unterschied zu klassischen Trainings? Vermittelt ein agiler Trainer etwa ausschließlich agile Methoden und Frameworks? Was sind seine Top-Kompetenzen? Diese Fragen begegnen mir häufig und sind mehr als berechtigt, zumal zur Zeit der Begriff „agil“ überstrapaziert und oftmals sogar in unpassenden Kontexten verwendet wird. Und die kritischen Stimmen haben Recht: eine reflektiertere und passgenaue Nutzung des Buzzworts würde Vieles erleichtern. Das trifft auch auf Schulungen, Trainings, Workshops und Seminare zu: In einfachen und klassischen Kontexten sind auch die klassischen Methoden und Konzepte weiterhin passend und erfolgreich. Anders verhält es sich jedoch bei Workshops im agilen Umfeld oder in der Transformation.

Was sind die Unterschiede zu klassischen Trainings?

Gerade im Kulturwandel hin zu mehr Selbstorganisation, Innovation und Wendigkeit ist es umso wichtiger, schon die Art und Weise der Wissensvermittlung und des gemeinsamen Lernens anders – sprich agiler – zu gestalten. Das betrifft, um die Eingangsfrage zu beantworten, nicht nur die Vermittlung agiler Methoden und Frameworks, sondern auch alle Themen rund um die Interaktionen und die Unternehmenskultur wie Teamentwicklung, Führung, Schnittstellen-Kommunikation, Arbeitsweisen, Meetings etc.

Erst kürzlich habe ich bei einem Workshop zu einer agilen Großgruppen-Moderation einen Tag lang Frontalbeschallung erleiden müssen und konnte nicht fassen, wie wenig die Moderatoren das praktiziert haben, was sie predigten. Im Grunde genommen definiert das agile Manifest mit seinen 12 Prinzipien und Werten bereits die Unterschiede zur klassischen Vorgehensweisen im Training. Ich fokussiere mich in diesem Beitrag auf die 8 entscheidenden Kompetenzen und Unterschiede zum klassischen Trainieren und Lernen.

Definition: Was ist ein agiler Trainer?

Und was macht ein agiler Trainer anders als ein herkömmlicher Trainer – und wie unterscheidet er sich vom agilen Coach? Zurzeit gibt es viele Verwirrungen zu dem Begriffen und Definitionen. Ein Trainer hat im herkömmlichen Sinne die Aufgabe, Wissen zu vermitteln und für ein förderliches Lernumfeld seiner Teilnehmer zu sorgen. Er/Sie lehrt Methoden, Techniken und Handlungskompetenzen und schafft einen Rahmen, in dem Menschen voneinander und miteinander lernen und Neues entwickeln. Durch die gekonnte Kombination aus Inhalten, Übungen, Experimenten und Methoden erweitert er die mentale, methodische und fachliche Kompetenz der Teilnehmer. Es werden Erkenntnisse gewonnen, Verhaltensweisen erprobt, Wissen erweitert und angewendet. Dabei gestaltet der Trainer das Lerndesign, ist Experte in Inhalten und Methoden und sorgt für einen hohen Lerntransfer. Unterstützend gibt er individuelles Feedback, berät und setzt praxisorientierte Übungen ein, anhand derer die Umsetzung der Lernziele nachhaltiger gelingt.

Zusätzlich zu den beschriebenen Kompetenzen hat ein agiler Trainer die Aufgabe, Wissen, Erfahrungen und Methoden zu vermitteln, die zu mehr Selbstorganisation, Innovation und Wendigkeit – sprich mehr Agilität – führen. Er trainiert nicht nur Führungskräfte und Teams in agilen Methoden und Frameworks, sondern konzipiert und moderiert Transformationsthemen wie Teamentwicklung, Führung, Schnittstellen-Kommunikation, Arbeitsweisen, Meetings etc. Oftmals ist er auch als Facilitator (rahmengebender Beobachter) bei Bar Camps, Lean Cafés oder Open Space Formaten im Einsatz.

Wie unterscheiden sich agiler Trainer und agiler Coach voneinander?

Wenn Sie  bei Google den Suchbegriff „agiler Trainer“ eingeben, bekommen Sie jede Menge Ergebnisse zum „agilen Coach“ angezeigt. Nicht nur Google kennt den Unterschied zwischen agilem Trainer und Coach nicht, auch bei vielen Unternehmen werden die Rollen und Kompetenzen weder eindeutig noch trennscharf verwendet. Coaches und Trainer haben einige Überschneidungen, spielen jedoch gänzlich unterschiedliche Rollen mit verschiedenen Kompetenzen und Handlungen. Ein Coach im herkömmlichen Sinne unterstützt seine Kunden dabei, eigene Lösungen zu finden. Er bietet in wahrsten Sinne des Wortes „Hilfe zur Selbsthilfe“ und stärkt die vorhandenen Ressourcen.

Der agile Coach fungiert vorwiegend als Teamcoach, der die Entwicklung der Zusammenarbeit agiler Teams stärkt und das richtige Anwenden agiler Praktiken fördert. Die Kompetenzen des Coaches sind neben dem Zuhören und Fragen stellen vorwiegend darauf ausgerichtet, Entwicklung zu begleiten. Dazu schöpft der agile Coach ebenso wie der Trainer aus einem breitgefächerten Wissen rund um das Thema Agilität. Weder die Wissensvermittlung noch das Design von Workshops und Trainings sind im Gegensatz zum Trainer das originäre Aufgabenfeld eines Coaches. Sowohl Trainer wie Coach brauchen eine reife, menschenliebende Persönlichkeit mit hoher Selbstreflexionsfähigkeit.

Agiler Trainer: Diese 8 Top Kompetenzen braucht ihr, um Workshops, Seminare, Schulungen, Kickoffs u.v.m. im agilen Kontext zu gestalten

8 Top-Kompetenzen agiler Trainer
Agiler Trainer: Selbstorganisation

1. Selbstorganisation:

Gestaltet als Trainer von Anfang an den Rahmen für die Selbstorganisation der Lerngruppe. Definiert dazu in der Rolle des Facilitators die Regeln und sonstigen Rahmenbedingungen und lasst die Teilnehmer dann selbst das Spielfeld des Lernens gestalten. Damit fördert ihr die unterschiedlichen Perspektiven und Talente und schafft Raum für gegenseitiges Lernen. Die Selbstführung des Teilnehmer-Teams wird immens durch Rollen gefördert. Ich lasse die Teilnehmer gerne den Querdenker, Fokusbeschleuniger, Prinzipienwächter etc. als Rolle und wichtigen Beitrag im Workshop ziehen.

Agiler Trainer: Commitment

2. Commitment

Schluss mit den vergifteten Aufträgen und den Top Down vorgegebenen Inhalten. Als Trainer macht ihr die vorbereiteten Inhalte und Ziele transparent und lasst das Team über die Anforderungen an die Themen entscheiden. Ohne Zustimmung werden keine Inhalte transportiert. Klärt das von Beginn an mit dem Auftraggeber: Das Team bzw. die Teilnehmer bestimmen die Inhalte und Prioritäten. Wenn der Auftraggeber oder Trainer einen Inhalt relevant findet, dann muss er das Team davon überzeugen können. Wenn nicht, ist das Thema aus dem Spiel. Ihr könnt die Themen beispielsweise nach Anforderungskriterien priorisieren: „Must have“ = müssen wir machen, „Should have“ = sollten wir machen und „Could have“ = könnten wir machen. Dadurch sind nicht nur die Themen, sondern auch deren Relevanz von allen entschieden.

Agiler Trainer: Timeboxing

3. Timeboxing

Arbeitet mit Zeitverknappung – und das sowohl bei euren eigenen Beiträgen und Impulsen als Trainer wie auch bei denen eurer Teilnehmer. Dadurch schlagt gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe: Ihr verringert ineffektive Diskussionen, erhöht den Fokus und bringt mehr Schwung in die Runde.

Agiler Trainer: Iterativ lernen

4. Iteratives Lernen

Insbesondere bei Wissensvermittlung oder dem Erproben neuer Arbeitsweisen sind Lernschleifen wirksam für die schrittweise Umsetzung und Optimierung. Lasst Kleingruppen Prototypen mit Bastelmaterial oder Staging präsentieren und nutzt das Feedback der Anderen zur Optimierung in der nächsten Iteration.

Agiler Trainer: Innovation5. Innovation

Gebt den Raum für Kreativität und fördert Innovation. Denkt mit den Teilnehmern immer konsequent aus Stakeholder Sicht. Nutzt die passenden Methoden aus dem Design Thinking, die auch als kurze Sequenzen in Trainings gut integrierbar sind.

Agiler Trainer: Gaming6. Gaming

Lernen über Spiele ist neurobiologisch am effektivsten, wir nutzen dabei alle Lernkanäle und integrieren das Wissen nachhaltig. Relevant für diesen positiven Effekt ist die Auswahl und das Design der Spiele. Nur wenn sowohl Transfer wie Lerninhalte passgenau aufeinander abgestimmt sind und die Teilnehmer gleichzeitig in die Stretching Zone gebracht werden, erntet ihr den Lernerfolg.

Agiler Trainer: Flexibilität

7. Flexibilität

Im Flug umbauen lautet die Devise agiler Workshops. Lasst die lieb gewordene Kontrolle und den Wissensvorsprung als Trainer los und begebt euch in den Prozess. Exzellente Vorbereitung bleibt weiterhin die Basis, doch das Navigieren im Prozess ist die Kür.

Agiler Trainer: Frameworks und Methoden

8. Frameworks / Strukturen:

Struktur schafft Verhalten. Eine klare und transparente Struktur führt durch den Prozess und gibt euch und euren Teilnehmern klare Leitplanken, innerhalb derer frei experimentiert und gelernt werden kann. Nutzt die besten Formate, Frameworks und Designs und macht jedes Seminar zu einem Erlebnis. Es gibt einige Methoden aus Design Thinking, Kanban oder Scrum, die sich sehr gut für den Seminarkontext eignen.

Claudia Thonet

Gründerin/Geschäftsführerin
Expertin für agile Transformation/agile Führung und Teams


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