Blogserie OKRs Teil 3: STOP mit „Mehr des Gleichen“ durch zu schnelle Anpassung …

Eigentlich versprechen OKRs genau das, was Teams gerade in verwirrenden und unsicheren Zeiten brauchen: eine klare gemeinsame Ausrichtung und Orientierung. Sie setzen bei der persönlichen Motivation an, indem jeder einen Beitrag zum Erfolg des Unternehmens leistet. Dadurch entstehen mehr Fokus, Motivation und Transparenz in den Teams.

Und dennoch wird oftmals genau das Gegenteil erreicht. Im dritten Teil unserer Blogserie „Wie aus OKRs keine Orks werden!“ beschäftigen wir uns mit dem zweiten Weg, der zum Scheitern verurteilt ist:

Lernstufen für die Implementierung von OKRs nutzen

Wir glauben nicht mehr daran, dass heutzutage Wissen immer noch Macht bedeutet. Doch Unwissenheit oder gefährliches Halbwissen richtet bei der Einführung agile Frameworks wie Scrum, Kanban oder OKRs einen verheerenden Schaden an. Unzählige Versuche, Scrum oder Kanban einzuführen, scheitern daran, dass entweder das Framework nicht richtig verstanden wird und beispielsweise bei Scrum kein Product Owner eingesetzt wird oder bei Kanban keine WIP Limits genutzt werden. Auch das viel zu schnelle anpassen der Frameworks an die üblichen Gewohnheiten der Teams und verheerender Weise, die wichtigsten Elemente, wie beispielsweise die Retrospektiven wegzulassen. 

Das hat verheerende Folgen: Denn es wird zwar leider immer noch als Scrum oder Kanban betitelt, doch es ist schnell kein wirkliches Scrum der Kanban drin enthalten. Viel mehr wird das gleiche oder zumindest ähnliche, wie vorher gemacht und frustriert festgestellt, dass die agile Arbeitsweise auch nichts bringt. 

Stellt euch vor, ihr wollt Remote arbeiten ohne eine stabile Internetverbindung. Schnell verfluchen wir das Home Office statt die Wurzeln des Problems zu erkennen und zu beheben. So ist es auch mit agilen Frameworks: ohne die dazugehörigen agilen Werte und Prinzipien umzusetzen und die damit einhergehende tiefgreifende Veränderung der Denk- und Handlungsweisen, fehlen die Wurzeln aus denen sich die Veränderungskraft nährt. 

Um die Haltung bei der Implementierung agiler Arbeitsweisen wie OKRs anschaulich zu machen, nutzen wir gerne das SHU-HA-RI Prinzip aus der japanischen Kampfkunst:

Entwicklungsstufen, Shu-Ha-Ri, Claudia Thonet

Die japanische Kampfkunst unterscheidet drei Lernphasen, die ein Schüler von den Anfängen bis zur Meisterschaft durchläuft. 

  • „Shu“ ist die erste Phase. Shu bedeutet übersetzt „gehorchen oder einhalten“. In dieser Phase befolgt der Schüler die gelernten Regeln und Schritte ausnahmslos. Er muss sich genau an den Prozess halten, darf nichts in Frage stellen oder verändern. Strikte Disziplin ist die Devise. Egal welche Methode oder welches Framework: Haltet euch in der ersten Lernphase strikt an die Regeln und Abläufe: Teams formulieren beispielsweise ihre eigenen OKRs, die auf die Moals einzahlen und reflektiert diese mit Begleitung des OKR Coaches im Weekly und in der Review. Wir können nicht die Company OKRs den Teams als ihre Ziele vorgeben. Sonst hat das mit OKRs nichts mehr zu tun, sondern dann haben wir Top Down vorgegebene ORKs
  • „Ha“ ist die zweite Phase des Lernens und lässt sich übersetzen mit „(auf)brechen, frei werden, abschweifen“. Wenn der Schüler die Regeln und Schritte wirklich beherrscht, dann darf er anfangen, sie zu interpretieren und auf den Kontext abgestimmt zu variieren. Er hat in der ersten Phase den Nutzen kennengelernt und die Bedeutung der Regeln verinnerlicht. Im „Ha“ hat er die Kompetenz erworben, sie für sich neu zu deuten. Nach etwa einem Jahr erst ist das Team frei, eine Änderung zu beschließen und die Auswirkung zu testen. Es kann beispielsweise statt einem Weekly ein Monthly beschließen und ausprobieren, ob dieses zum Austausch über die OKRs reicht.
  • „Ri“, als dritte Phase des Lernens und höchste Stufe der Kunst, bedeutet „verlassen, trennen, abschneiden“. Hier ist der Schüler zum Meister geworden. Er kann die Muster und Strukturen verlassen und eigene Dinge entwickeln. Im „Ri“ ist alles so verinnerlicht, dass man von der Methode unabhängig wird. 

Es hilft uns nicht weiter und wir lernen nicht wirklich weiter, wenn wir zu früh anpassen. Ganz im Gegenteil: Wir verkaufen dann alten Wein in neuen Schläuchen, indem wir nur einen neuen Titel nutzen und ihn mit alten Mustern füllen. Dann landen wir wieder beim „Management bei Objectives“ und das alte Mindset des „Command and Control“ wird weiter bedient. 

Weiterbringen wird uns nur konsequente Musterunterbrechung. Loslassen von etwas Vertrautem, indem wir etwas wirklich Neues implementieren. Dazu sind Menschen in der Regel nur dann bereit, wenn sie die Notwendigkeit und Dringlichkeit erkennen. 

Wir implementieren OKRs nach gescheiterten Anläufen nur noch, wenn wir die Möglichkeit haben, alle im Unternehmen bezüglich des Mindsets und der Methode weiterzubilden. Angefangen mit der Führung wird jeder, der damit arbeiten soll mit Wissen versorgt: 

  • Was genau bedeuten OKRs, welche Voraussetzungen sind erforderlich und welchen Nutzen bringen sie mit sich? 
  • Warum will die Organisation OKRs einsetzen, welche Probleme will sie damit lösen oder sichtbar machen?
  • Wie stark ist das Beharrungsstreben und wie will die Organisation mit den einhergehenden Widerständen umgehen?
  • Wie funktioniert das Framework und welche Events beinhaltet es? 
  • Was genau kann und macht der OKR Coach? Es braucht in der Organisation die Hüter des Frameworks in Form von ausgebildeten OKR Coaches.

Wir empfehlen: 

  • mind. 2 Tage Wissensvermittlung zu agiler Strategie und Mindset mit dem oberen Management
  • Ausbildung interner OKR Coaches
  • Mind. 1 Tag Wissensvermittlung über die Haltung und das Framework für alle Teams in der Organisation
  • Begleitung der ersten 3 Iterationen durch einen externen erfahrenen OKR Coach 

 

Claudia Thonet, Agile Consulting, Portrait

Claudia Thonet

Gründerin/Geschäftsführerin
Expertin für agile Transformation/agile Führung und Teams


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