Agile Coach: Viele Rollen für einen Job

Immer mehr Unternehmen wollen ihre interne Zusammenarbeit verändern und mehr am Wertstrom ausrichten, statt an der herkömmlichen, hierarchie-basierten Wasserfallstruktur, bei der oben angesagt und unten ausgeführt wird. Vorbild dafür ist das Vorgehen der agilen Software-Entwicklung, bei der Produkte selbstorganisiert und in engem Austausch mit Kundinnen und Kunden iterativ entwickelt werden.

Diese agile Transformation der Zusammenarbeit verlangt von den Beteiligten viel Veränderung und Offenheit für Neues, denn – auch wenn dies immer wieder erhofft und bei uns erfragt wird – es gibt kein einfaches Erfolgsrezept zum Nachmachen. Den Weg zu mehr Agilität muss jede Organisation für sich selbst finden.

Wer einen Weg sucht, braucht gute Reisebegleitung

Für eine leicht übertragbare Standard-Strategie sind die Kulturen von Unternehmen einfach zu unterschiedlich. Nicht einmal für alle Teams in einer Organisation würde die gleiche Herangehensweise funktionieren: Jeder Bereich hat ihren eigenen, durch eine individuelle Prägung geformten Geist, der sich nicht einfach mit einem neuen Muster überschreiben lässt. Also gilt es, gemeinsam in den Teams zukunftsfähige Strategien und innovative Formen der Zusammenarbeit zu entwickeln und dabei von- und miteinander zu lernen. Diese agile Transformation aber braucht Moderation und Begleitung: Sie braucht gut ausgebildete agile Coachs.

Agile Coachs sind – wie schon der Name nahelegt – von Natur aus beweglich und können mit verschiedenen Kompetenzen und Konzepten jonglieren: Sie sind in der Lage, in jeder Situation in die passende Rolle zu schlüpfen, um die Zusammenarbeit in einem agilen Team zielgerichtet zu begleiten und zu erleichtern.

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Rolle 1: Berater oder Beraterin

Zunächst grenzen agile Coachs, die eine Transformation begleiten sollen, die Probleme und Wünsche ein, die durch die Transformation gelöst bzw. erfüllt werden sollen. Falls nötig bringen sie die Anliegen der Teams in Einklang mit den Zielen des Unternehmens – denn dass diese automatisch harmonieren, ist nicht immer der Fall.

Leitfrage: Wie ist mein Auftrag im Unternehmen – und wie kann ich professionelle Distanz bewahren?

Eine wichtige Aufgabe beratender Coachs ist es, Hindernisse und Hürden zu erkennen, die agilen Teams ein produktive Arbeiten erschwert. Davon gibt es meist viele, wenn die alten Gewohnheiten noch da und die neuen Arbeitsweisen noch nicht eingespielt sind. Typische Hindernisse sind: zu viele Hierarchiestufen, zu lange Entscheidungswege, Schnittstellen-Probleme zwischen Abteilungen, fehlender Kundenfokus, mangelnde Produktivität, fehlende Innovationen– aber auch (zwischen)menschliche Probleme wie Konflikte oder eine fehlende Offenheit im Team.

Leitfrage: Was läuft gut und was sollten wir anpassen („Inspect and adapt“)?

Wer auf solche Dinge hinweist, wird oft nicht gern gehört. Das kann zur Herausforderung werden, wenn sich alle gerade lieber harmonische Abläufe und reibungslose Routinen wünschen. Agile Coachs können diese Konfrontationen aushalten und bestimmt, aber mit Feingefühl und Lösungsorientierung an den eigenen Vorschlägen festhalten, um andere für sie zu gewinnen – oder sinnvolle Kompromisse zu finden. (Mehr dazu hier: https://www.claudiathonet.de/serie-agiler-coach-teil-5-consulting/)

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Rolle 2: Facilitator

Um agile Transformationen, aber auch agile Zusammenarbeit im Allgemeinen zu begleiten, braucht es gute Moderatorinnen oder Moderatoren: Deshalb kümmern sich agile Coachs auch um die Kommunikation im Team und mit den Führungsebenen, aber auch mit den Kunden. Sie sorgen dafür, dass der Austausch klappt, dass die Informationen fließen und dass das, was gemeint ist, auch tatsächlich auf der anderen Seite ankommt. Dazu gehört nicht nur, gute Meetings durchzuführen und zu moderieren, sondern auch zu entscheiden, welches Format für welchen Anlass angemessen ist. 

Leitfrage: Wie gestalte ich Meetings anlassbezogen?

Dafür fördern agile Coachs in der Facilitation-Rolle den Perspektivwechsel und helfen dem Team z.B., sich in die Rolle der Kunden oder der Geschäftsleitung zu versetzen – und vielleicht auch umgekehrt. Im Team ermuntern sie zum gemeinsamen Lernen und dazu, sich immer wieder – z.B. in Retrospektiven – gemeinsam zu reflektieren, um in der Zusammenarbeit besser zu werden. Dazu kennen und nutzen sie passende Kommunikations- und Meetingstrukturen.

Leitfrage: Was bremst Einzelne oder das ganze Team und welche Impulse kann ich setzen, um dem entgegenzuwirken?

Orientierung gibt den agile Coachs dabei das agile Werteframework mit insbesondere den zentralen acht agilen Werten: Commitment, Fokus, Offenheit, Mut, Respekt, Collaboration, Reflexion und Einfachheit (Mehr dazu hier: https://www.claudiathonet.de/serie-agiler-coach-teil-6-facilitation/).

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Rolle 3: Coach

Coachs haben die Aufgabe, Teams und Einzelnen zuzuhören, ihnen Fragen zu stellen, um Themen zu vertiefen, und sie zur Entwicklung anzuregen, um sie so zu befähigen, wie es ihren Möglichkeiten entspricht. In der agilen Transformation, die alle Beteiligten auch persönlich fordert, ist dies sehr wichtig.

Leitfrage: Welchen agilen Reifegrad hat das Team – und was braucht es zur Weiterentwicklung des Teams insgesamt und seiner Mitglieder?

Zunächst gilt es, eine gute Basis für den Umgang miteinander zu schaffen und für psychologische Sicherheit zu sorgen. Denn Menschen haben nur dann den Mut, Neues auszuprobieren, wenn sie sicher sein können, dass sie Fehler machen dürfen. Das heißt konkret: eine wertschätzende Haltung üben und eine vertrauensvolle Beziehung aufbauen. Oberstes Ziel eines agile Coaching ist es, das Growth Mindset zu fördern und den Raum für neue Impulse zu öffnen. Die Menschen im Team sollen ermutigt werden, sich neuen Herausforderungen zu stellen und durch neue Blickwinkel wieder Spaß am Lernen und Wachsen zu entwickeln. Ein agiler Coach handelt ressourcenorientiert und fordert die Coachees gleichzeitig heraus, in der Stretching Zone über sich hinaus zu wachsen.

Leitfrage: Entspricht die Leistung dem Potenzial, das wir eigentlich hätten entwickeln können und wollen?

Konkret geht es im agile Coaching auch darum, Ideen oder Veränderungen zu planen und die Rahmenbedingungen für die Umsetzung zu schaffen. Hier werden konkrete Aufgabenpakete geplant, die Teamstrukturen geordnet und die Entscheidungsprozesse definiert. Denn wenn der Rahmen passt, können Teams ihre Ideen umso besser umsetzen und Erfolge generieren.  Nach der Umsetzung regt der agile Coach dann zur Reflexion und zum Transfer der Learnings in den Arbeitsalltag („Check-&-Act“-Phase) an. Mehr Infos hier: https://www.claudiathonet.de/serie-agiler-coach-teil-4-coaching-einzelner/

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Rolle 4: Methoden-Profi

Frameworks geben selbstorganisierten Teams einen wichtigen Rahmen und Führung. Agile Coachs sind deshalb auch Expertinnen und Experten für die Entwicklung und Implementierung passender Frameworks und Methoden. Sie kennen – natürlich – die ganze Bandbreite agiler Ansätze und können Retrospektiven ebenso begleiten wie Design-Thinking-Prozesse oder schnelle Stand-up-Meetings. Sie wissen wann die Einführung von OKRs sinnvoll ist und können Kanban-Boards für die Aufgabenverteilung und Team-Kanbans für die allgemeine Transparenz realisieren und – ganz wichtig! – die Teammitglieder auch davon überzeugen, diese Tools regelmäßig zu nutzen.

Leitfrage: Wie lassen sich verschiedene Methoden und Frameworks passgenau zu den jeweiligen Anforderungen kombinieren?

Das Framework Scrum beispielsweise zahlt besonders stark auf alle agilen Werte ein. Es führt fast schon automatisch zu einer agileren Arbeitsweise, weil es durch die lateralen und gleichberechtigten Managementrollen des Product Owners, Scrum Masters und Teams die klassische Hierarchie aufhebt. Die Meeting Formate Daily, Review und Retrospektive schaffen gute Interaktionsgrundlagen und führen zur Anpassung der Angebote an die Kundenwünsche und zur kontinuierlichen Weiterentwicklung der Teamreife. Voraussetzung dafür ist, dass es korrekt, also gemäß seiner Prinzipien und Regeln umgesetzt wird – also am besten mit einem agile Coach (der allerdings wesentlich mehr kann als ein Scrum Master).

Agile Coachs können jonglieren

Um diese Rollen miteinander gekonnt zu vereinen und bei Bedarf auch zwischen ihnen hin- und herzuwechseln, braucht der agile Coach ein agiles Mindset, und die dazugehörigen Werte und Prinzipien sollten ihm in Fleisch und Blut übergegangen sein. Denn er fungiert intern nicht nur als Reisebegleiter, sondern auch immer als Botschafter – oder Botschafterin – für die agilen Denk- und Handlungsweisen. Es geht nicht nur darum, einzelne Menschen oder ganze Teams in der Umsetzung und Verbesserung agiler Methoden und Praktiken zu unterstützen. Aufgabe von agile Coachs ist es immer auch, die agile Grundhaltung vorzuleben und die Beteiligten für die neue Art der Zusammenarbeit zu gewinnen und vielleicht sogar zu begeistern.

In unserer Agile Coach-Ausbildung lernst du diese Begeisterung kennen, du lernst die Aufgaben einer agilen Transformationsbegleitung effektiv zu meistern und mit den entsprechenden Rollen souverän zu jonglieren. Mehr Infos hier: https://www.claudiathonet.de/agile-ausbildungen/agiler-coach/ 

Claudia Thonet, Agile Consulting, Portrait

Claudia Thonet

Gründerin/Geschäftsführerin
Expertin für agile Transformation/agile Führung und Teams


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